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Märchen für Labyrinthseminar 2025
Urheber: Angela Weigl und Wolfgang Heckel

Märchen von Zweien, die auszogen, ihre Mitte und ihr wahres Sein zu finden

Es war einmal eine wunderschöne Königstochter, viele Prinzen warben um sie. Die Prinzessin erfand gefährliche und unerfüllbare Aufgaben für die Prinzen, um den besten für sich herauszufinden. Viele kehrten nicht zurück oder blieben erfolglos. Eines Tages kam ein Prinz, der sich wie die anderen aufgemacht hatte, die Wünsche und Aufgaben der Prinzessin zu erfüllen. Die Prinzessin stellte ihre Bedingungen und der Prinz zog hinaus in die Welt. Er begegnete vielen Menschen, die einen meinten es gut mit ihm, andere versuchten das Gegenteil. Der Prinz war auf seiner Heldenreise mit vielem herausgefordert, er durchlebte lebensgefährliche und verräterische Situationen - aber es gab auch glückliche Umstände, die ihm weiterhalfen. So traf er hin und wieder auf weise, gütige und mutige Menschen, die ihn mit ihrer Sicht auf das Leben nachdenklich werden ließen und sein Herz berührten. Er machte Erfahrungen, in denen er gewann und solche, in denen er verlor - Tage voller Zweifel und Tage voller Zuversicht wechselten sich ab. So vergingen viele Jahre und eines Tages beschloss er, die gefährlichen und unerfüllbaren Aufgaben der Prinzessin loszulassen, frei weiter in die Welt zu ziehen und neue Erfahrungen zu machen. Er veränderte sich. Immer weniger brauchte er die Bestätigungen seiner Heldentaten von anderen – dafür wuchs in ihm eine Kraft, die ihm Würde und Verantwortlichkeit verlieh. Er hörte von einem weisen König, der immer wieder verkleidet durch sein Reich zog, um unerkannt sein Volk nach dessen Befinden und deren Wünschen zu befragen. Aus diesem Wissen heraus fällte er seine Entscheidungen zum Wohle des Volkes. Die Geschichten über diesen König berührten den Prinzen so sehr, dass er beschloss, den König kennenzulernen. Eine lange Zeit blieb er bei ihm und lernte viel. Die Prinzessin im Reich ihres Vaters wurde im Lauf der Jahre immer älter. Kein Prinz war ihr gut genug und so kam der Tag, an dem sie ihr Vater an einen reichen Patrizier versprach und Gehorsam von ihr verlangte. Als sie ihren Bräutigam sah, konnte sie keinen Gefallen an ihm finden. Da sie ihn auf keinen Fall heiraten wollte, blieb ihr nur die Flucht. Sie verließ das väterliche Königreich bei Nacht und Nebel ohne zu wissen, wohin sie sich wenden sollte. Nach und nach musste sie ihren ganzen Schmuck und all ihre Kleider verkaufen, um ihr Leben fristen zu können. Und so kam der Tag, an dem sie nichts mehr hatte und Hunger leiden musste. Niemand mehr interessierte sich für sie und sie war einsam und auf sich allein gestellt. Als ihr eines Tages eine alte Schneiderin mit gütigem Herz begegnete, die ihr anbot, bei ihr zu bleiben, entschied sie sich dankbar dafür und lernte das Schneiderhandwerk. Die Prinzessin war sehr geschickt und mit der Zeit machte es ihr Freude, schöne Dinge mit ihren eigenen Händen zu erschaffen. Sie konnte immer leichter für ihren Lebensunterhalt sorgen und kümmerte sich dankbar und liebevoll um die alte Schneiderin. Der Vater des Prinzen, der König, starb. Der Prinz wurde von seinem Volk zum König gekrönt und regierte gütig und weise so, wie er es erfahren hatte. Jedoch, sein Königreich wurde überfallen und er musste in die Schlacht ziehen. Da er in diesen Dingen keine Erfahrung hatte, verlor er viele Männer und nur durch einen glücklichen Zufall konnte die Schlacht gewonnen werden. Kaum war die Schlacht geschlagen, blieb der Regen aus, monatelang, und es kam zu einer großen Hungersnot. Der junge König sandte Botschafter zu anderen Königen, um diese um Hilfe zu bitten. Auch andere Herausforderungen belasteten ihn schwer und manchmal wünschte er sich, er könnte noch unbeschwert als Prinz durch die Welt wandern. Durch die stete Annahme und das Meistern der Herausforderungen wuchs der König immer mehr in seine Kraft und Weisheit. Eines Tages besuchte ihn der alte König, bei dem er viel gelernt hatte. Im Zusammensein mit diesem wurde ihm bewusst, dass er über die Jahre nicht mehr Schüler, sondern ebenfalls ein gütiger weiser König geworden war und diese Erkenntnis berührte ihn sehr. Die Schneiderin, bei der die Prinzessin lebte, erkrankte plötzlich schwer und ging in eine andere Welt. Werkstatt und Haus hatte die alte Schneiderin der Prinzessin vermacht und sie führte die Schneiderei weiter. Doch die Menschen waren an die alte Schneiderin gewöhnt und kamen nicht mehr. Wieder hielt Not Einzug in ihrem Leben und oft wusste sie nicht, was sie den nächsten Tag essen würde. Sie wurde krank und wäre am liebsten der alten Schneiderin gefolgt. Als sie wieder gesundete, raffte sie sich auf und arbeitete weiter. Aufgrund ihrer Geschicklichkeit und ihres Einfallsreichtums kamen immer mehr Menschen zu ihr – reiche und arme – und für jeden hatte sie ein gutes Wort und fand das rechte Gewand. Eines Nachts träumte sie von der alten Schneiderin, die ihr im Traum zulächelte und ihr eine Krone aufsetzte. Die Prinzessin wachte morgens auf und fühlte sich tatsächlich wie eine Königin, wie nie zuvor. Der Ruf der Schneiderin verbreitete sich im ganzen Land. Und so kam der Tag, an dem auch der König von ihr hörte. Er war neugierig geworden und da er sich gerade eine neue Robe schneidern lassen wollte, beschloss er, die Schneiderin ins Königsschloss kommen zu lassen. Sie kam und er war erstaunt, wie aufrecht und würdevoll sie ging und wieviel Freude sie ausstrahlte - und er beauftragte sie mit der neuen Robe. Als die Schneiderin nach einigen Wochen mit der fertigen Robe in das Schloss zurückkehrte und der König sie anprobierte, war er überwältigt von ihrer Vollkommenheit. Sie wurde nur von wenig Gold und Edelsteinen geschmückt, aber als er sie sich über die Schultern warf, fühlte er sich in seiner königlichen Würde wie selten zuvor. Staunend blickte er die Schneiderin an und wunderte sich, warum er nie eine Prinzessin gesehen hatte, die in so schöner Weise von innen heraus strahlte. Ihre würdevolle Art berührte ihn. Auch der Schneiderin gefiel der junge König sehr. In den folgenden Wochen musste der König immer wieder an die Schneiderin denken. Bei seiner nächsten Reise durch sein Reich, bei der er sich wie so oft als Wandergesell verkleidet hatte, entschloss er sich, die Schneiderin aufzusuchen. Er bat sie um einen Becher Wasser. Sie ging zum Brunnen und schöpfte. Als sie ihm den Becher gab, erkannte sie in ihm den König. Er fragte: Aber wer bist du? Und sie erzählte ihm ihre Geschichte. Als sie sahen, wie sie wieder zusammengefunden hatten, lachten sie herzlich, freuten sich dankbar an ihrem gütigen Schicksal und beschlossen, den Weg gemeinsam weiterzugehen. Viele wunderbare Geschichten ranken sich um das Glück der beiden und das Blühen ihrer Reiche. Und so ist es kein Wunder, dass seither König und Königin viele Menschen inspirieren, den Königsweg in die eigene Güte und Würde einzuschlagen.

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Lebensfreude und Entwicklung

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